Nikki

Musical-Oper

Nikki

Musical-Oper von Rudolph Straub, Libretto, und Carl & Tobias Rüti, Komposition
Uraufführung, 2008

Eine doppelte Dänin im Schweizer Dorf – Casino-Theater Zug

Am Freitag feierte die Musical-Oper ‚Nikki‘ (Libretto und Inszenierung: Rudolph Straub) im Casino­Theater Zug Premiere. Und entpuppte sich als gekonnte Inszenierung mit beein­druckendem Bühnenbild.

Die Story ist et­was verwirrend und auf zwei zeitlichen Ebenen angesiedelt. Sie beginnt mit der Ankunft der dänischen Fernsehjournalis­tin Vicky Lundberg, die im fiktiven, über­aus idyllischen Schweizer Örtchen Thal­stätten die Geschichte des Aupair-Mäd­chens Nikki Jensen recherchiert, das vor vier Jahrzehnten am gleichen Ort beim Autohändler-Ehepaar Frei angestellt war und dort die Zwillinge Anatol und Benja­min betreute. 

Nikki, Ausschnitt 05:32′

Die lebensfrohe Nikki sorgte in Thal­stätten mit ihrem sonnigen Gemüt für gute Laune, ausser bei den Beach Boys, einer Gruppe adoleszenter Wasserball­spieler, die nicht darüber hinwegkommen, dass die junge Skandinavierin schneller schwimmen kann als sie: Diese aquati­schen Fähigkeiten helfen ihr allerdings wenig, als Anatol in den See stürzt und sie beim Rettungsversuch ebenfalls ums Leben kommt. Dass sein Bruder und sein Kindermädchen allerdings tatsächlich tot sind, bezweifelt der kleine Benjamin und spekuliert, die beiden würden in einer Zwischenwelt weiterleben, in einer längst versunkenen Stadt auf dem Grund des Sees. Wie gesagt, die Story ist etwas verwunden kon­struiert, doch ihre musikalische Umset­zung verblüfft. Die unaufgeregt kompo­nierten Songs (Kompositionen: Carl und Tobias Rüti) pendeln zwischen Jazz und beatlesken Harmonien und passen bestens in die besungene Epoche der ausklingen­den Sechzigerjahre, während welcher die Titelheldin Nikki (neben Vicky als Doppelrolle gespielt vom jungen dänischen Musical-Talent Kristine Yde Eriksen) in Thal­stätten wirkt.

Nikki, ganze Länge 02:31:42′

Als zweites he­rausragendes Element ent­puppte sich bei der Premiere am Freitagabend das von Daniel Christen entworfene Bühnenbild, das mit dezent eingefüg­ten Film- und Foto-Ver­satzstücken die mitunter myste­riös verlaufende Handlung atmo­sphärisch und stimmungsreich unterstützt. All diese Aspekte fügen sich zu einer – der Begriff ist etwas unglücklich gewählt – Musical-Oper, die innerhalb des hiesigen Sing-und-Tanztheater-Schaffens als Para­debeispiel für ein wahrlich gelungenes Werk zu werten ist.  

Philippe Amrein
Tages Anzeiger, 4. September 2008

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